Eine Fahrt ins Blaue – Achensee Ballontage.
Fahrt ins Blaue. Das ist der Titel von Mamas Rundreise, und er bezieht sich – zu Recht – auf die Vielfalt der Natur, die sie sich auf den Inseln anschaut. Bei naeherem Hinsehen passt die Ueberschrift allerdings fast noch besser zu meinem Trip. Der sich manchmal mit Mamas ueberschneidet, was Orte betrifft. Manchmal hatte ich fast das Gefuehl, ich haette auch gleich mit ihr mitfahren koennen, so sehr arbeitete ich, ungefaehr vier Tage vor ihr, ein aehnliches Programm ab.
Allerdings bezieht sich der Kontrast eher auf die Unterschiede zu meinem ach so liebenswerten Australien. Es wird wohl auch Zeit, dass ich mal nicht nur Wunderbares berichte – sonst wollen bald alle ihren Job hinschmeissen und in der Welt herumgondeln. Will heissen: Die wirklich erstaunlichen Naturschoenheiten sind sehr oft – fuer mich etwas zu oft – extrem massentauglich aufbereitet. Riesenbaeume, Steinformationen, Fjorde und Straende sind perfekt ausgeschildert. Mit botanischen, geologischen und Ermahnungsschildern, doch ja alles unberuehrt zu lassen. Aber so richtig unberuehrt ist es eigentlich nicht mehr, wenn ueberall gefuehrte Wandertouren, Ueberfluege, Jetbootfahrten und Kajaktrips von den Wundern Besitz ergreifen. Ganz zu schweigen von Bungee- Seilen, Fallschirmen, Reitern, Strandseglern oder was auch immer den jugendlichen Campervanfahrern oder Backpackern das Adrenalin in die Adern treibt.
- Mal sehen, wo uns die n
- Wir - die Familie Gronert und die BE-Mitarbeiter m
Alles zu ziemlich gepfefferten Preisen, versteht sich. Auch ich habe mich zum Teil dem organisierten Programm ergeben, und ja, es war auch manchmal gut so. Unter Wasser war denn der Milford Sound auch fast leer, bis auf die Tiefseekorallen und kleinen Haie, die unsere Tauchergruppe entzueckten. Und die Seehunde, die ich zum ersten Mal unter Wasser begucken konnte. Allerdings fand mein Spass sein Ende, als ich pflichtbewusst auch an die Eroberung der kalten Seiten der Suedinsel ging.
Study online flashcards and notes for Die Fahrt ins Blaue Wortschatz including das Feuerchen: small fire; der Papierkorb - Der VW Multivan Freestyle schlie Siehe auch 'ins Blaue fahren; eine Fahrt ins Blaue machen' die blaue Stunde.
Mein Reisefuehrer schrieb: Am besten befreundet man sich mit den Gletschern, indem man auf ihnen herumgeht. Also buchte ich gehorsam eine nicht gerade billige Gruppenwanderung.
Doch mir wurde schnell einiges klar. Erstens ist nicht nur Segeln ein Sport, wo man freiwillig unter der kalten Dusche Hundertmarkscheine zerreisst. Sondern auch Gletscherwandern (bei Regen, was an der Westkueste an zwei von drei Tagen der Fall ist) . Wobei mir leider nur ersteres richtig Freude macht. Zweitens: Franz Josef, so heisst der Eisgenosse, will keine neuen Freunde.
Und schon gar nicht, dass sie auf ihm herumgehen. Sonst wuerde er wohl kaum diese ekligen Schraegwaende vor uns aufstellen, die man nur mit blasentreibenden Spikes an schlecht passenden Leih- Bergstiefeln ueberwinden kann. Wo Menschen mit normal ausgepraegter Angst vor dem Abrutschen trotzdem der Angstschweiss unter den Leih- Oelzeugen ausbricht . Ganz zu schweigen von den tiefen Spalten, in denen der durchschnittlich uebergewichtige US- Tourist unweigerlich steckenbleiben wuerde.
Meine Hueftbreite passte so gerade noch durch. Mit verzweifeltem Druecken gegen die glitschig kalten Waende, wohlgemerkt.
Aber ich wollte auch gar nicht mehr sein Freund werden. Schliesslich ist er widerspenstig, extrem schmutzig, schartig und kaltbluetig.
Und in meinem normalen Leben kann ich Bergen und gefrorenem Wasser ja auch nur begrenzt viel abgewinnen. Ich beschloss also, mich wieder mehr der Kueste zu widmen. Und den neuseelaendischen Menschen. Die konnte ich naemlich in dem Strom von Naturwunderbegaffern, davon wie mir schien mindestens 8. Prozent Deutsche, bisher noch nicht recht ausmachen. Nach dem Uebersetzen auf die Nordinsel und Zwischenstopp bei Freunden in Wellington fand sich dann endlich auch eine Farm, die mich tief ins wahre Neuseeland bringen sollte.
Mit Schafen, Kuehen, Pferden und weit ab der ausgetretenen Pfade. Aber irgendwie anders. Wieder ein einsames Gehoeft, wo der Ehemann nicht vor Ort ist. Kannte ich schon aus Australien, dort hatte er seinen eigenen Hof etwa eine Stunde von uns. Das war es aber auch schon mit Gemeinsamkeiten. Dieser hier ist Fernfahrer oder so, konnte ich noch nicht so ganz rausfinden.
Jedenfalls ist er bisher nur telefonisch in Erscheinung getreten. Aber der staerkste Kontrast liegt in der Atmosphaere. Im Gegensatz zu den geistvollen, kreativen und vor allem lebensfrohen Menschen in Queensland ist der Unterton hier eher muerrisch. Viel zu tun gibt es momentan scheinbar auch nicht, denn acht von 1. Stunden verbringt Madame rauchend im Sessel mit ihrer X- Box und ihrem neuen Fantasy- Computerspiel.
Der achtjaehrige, an sich furchtbar liebenswuerdige Sohn Kyle widmet sich gezwungenermassen seinem Fernseher, seinen Videospielen und Matchboxautos. Essen kommt aus der Tiefkuehltruhe und den Fertigsaucenflaschen. Da bleibt mir viel Zeit, mich den Buechern und unserer skurrilen kleinen Farm hinzugeben.
Und die hat einiges zu bieten. Denn fast kein Bewohner ist ganz normal. Neben dem armen, lieben kleinen Sohn, der laut Mama wie sein Vater autistisch ist. Waere mir sonst nicht aufgefallen, so entzueckend wie er sich um seine Dinge, sich selbst und mich kuemmert. Andere Besonderheiten sind offensichtlicher, und vielleicht verlaesslicher.
So der Geiz der Hausherrin, die trotz wortgewaltiger Einladung jeden Bissen beobachtet, den man einnimmt. Bin froh, dass ich noch mein eigenes Muesli dabei hatte. Freigiebig ist sie nur mit den vierbeinigen Bewohnern, so scheint es. Und die brauchen es auch. Da gibt es die drei alten Hunde, von denen der beim Haus lebende verdaechtig dem furzenden Baer- Hund aus John Irvings Romanen aehnelt. Allerdings stinkt er schon ohne Furze ganz schoen.
Neben dem Haus und dem Schuppen wohnt das Schwein Pig. Fuer den Sohn gehoert es dem Nachbarn. Deshalb hat es auch keinen richtigen Namen. Uneigentlich wird es irgendwann in der Tiefkuehltruhe landen, dann hat’s der Nachbar offiziell zurueck genommen. So weiss ich jedenfalls endlich, wie sich Schweineborsten und –nacken live anfuehlen.
Und bei dem Gebruell, was das Tier bei jeglichem Gedanken an Futter von sich gibt, frage ich mich staendig, was es wohl beim Schlachten sagt. Schmatzen tut es auch extrem laut. Somit hat jetzt fuer mich auch der Ausdruck “Fressen wie ein Schwein” einen neuen Klang. Pig lebt in Wohngemeinschaft mit Kelly, einem handaufgezogenen, flauschigen, kleinen Ziegenbock. Der will jetzt natuerlich lieber weiter im Haus wohnen, aber meistens hindern wir ihn daran.
So muss er sich weiter von Pig misshandeln oder von Kyle an der Leine umherfuehren lassen. Die Koppel neben Pig und Kelly gehoert den Eseln. Wahrscheinlich alle ganz normal, kann ich nicht einschaetzen.
Allerdings sehen einige sehr lustig aus, denn sie sind weiss- braun gescheckt. Besonders anhaenglich sind sie auch nicht, obwohl ich ihnen jeden Tag ihr Futter bringe.
Ich kann mir jedenfalls ein Leben ohne Esel (und Schweine) weiterhin gut vorstellen. Was mir schwerer fallen wird, ist der Abschied von Kater Pussky. Obwohl er tigerartig aussieht und und so wirkt, als wuerde er den ganzen Tag mit gnadenloser Jagd verbringen, ist er der beste Bettgenosse seit langem. Frage mich, wie lange noch, nachdem ich sie einmal fast ueberfahren habe bei ihrem Nickerchen unter meinem Auto. Natuerlich hat sie nicht gehoert, dass ich den Motor anliess.
Uralte (3. 9 Jahre), sexverweigernde Scheinschwangere, Misshandelte, mit krummen Beinen aus Unfaellen oder hartem Sport. Hier zeigt sich das vielleicht doch gute Herz der Gastgeberin. Mit endloser Geduld und Freundlichkeit bringt sie die Tiere zum Menschen zurueck und zuechtet aus dem guten Blut, was die meisten mitbringen, eine schoene neue Generation. Manchmal wuenschte ich, Kyle waere ein Fohlen. Geritten wird uebrigens nicht.
Haette ich auch wenig Lust drauf, unter diesen kritischen Augen. Aber es ist ganz herrlich, jeden Tag mit den kleinen Fohlen zu arbeiten, also sie liebzuhaben. Mehr muessen sie noch nicht. Neben den Pferden sind die Schafe und Kuehe nur der Pflichtteil der Farm, so scheint es. Wir sehen sie nur von weitem, und so werde ich wohl nur das Schwein angefasst haben, wenn ich wieder losfahre. Und nicht die Wolltiere, obwohl das doch eigentlich der Sinn des Ganzen war.
Aber die gibt es ja auch in Australien. Ausserdem gehe ich in den vierstuendigen Mittagspausen zu den naheliegenden, wilden Straenden, lese prima Buecher und habe Zeit zu schreiben. Gerade geht die Sonne unter, so schoen spaet wie in Norddeutschland im Sommer. Wenn ich gleich rausgehe, herrscht wohlige Stille in den Huegeln. Es gibt kaum Muecken, ich habe noch Rotwein im Auto und nach all den Zeit in den Hostel- Schlafsaelen auch endlich mal wieder ein eigenes Zimmer und viel Ruhe. Genuss ueberwiegt, und ich bin eigentlich ganz beruhigt, dass nicht jede Farm ein kleines Paradies ist. Schliesslich habe ich keine eigene.
Doch uebermorgen geht es auch schon weiter in Richtung Norden, wo Mama mich erwartet. Freue mich doch schon sehr!
Bis bald. Eure Julia.